Die Burg


Das Thema „Burg“ ist ein bauliches, historisches und kulturgeschichtliches Phänomen, das sowohl das Mittelalter selbst geprägt hat als auch noch das heutige Bild vom Mittelalter erheblich beeinflusst. Die Burg wird – eher als Kulisse denn als Baukörper – zur Projektionsfläche für alles was in später folgenden Epochen auch in der jetzigen, für typisch mittelalterlich gehalten wird. Dazu gehören Kerker und Folterkammer, zivilisatorische Rückständigkeit, ritterliches Heldentum und Minnesang. Viele Geschichten über Burgen entsprechen aber nicht den Tatsachen, sondern sind mit der Zeit zu Mythen geworden.

Aktuelle Forschungen zeigen: Burgen hatten bereits im 7. und 8. Jahrhundert eine große Bedeutung in Mitteleuropa nicht erst ab dem 11. Jahrhundert, wie oft allgemein geglaubt wurde. Damals gab es noch gar keine Ritter, weshalb die Bezeichnung Ritterburg in vielen Fällen nicht korrekt ist. Bei weitem nicht alle Burgherren waren Ritter, sondern oft normale Bürger. Häufig konnten Burgen in frühen Darstellungen nicht eindeutig von Städten unterschieden werden. Daher kommt der Begriff „Bürger“, auch wenn die Menschen heute natürlich keine Burgen (mehr) bewohnen.

Allgemein gilt das Aufkommen schwerer Feuerwaffen um 1500 als Ende der Burgen-Epoche. Die Funktionen der Burg haben sich angeblich zu diesem Zeitpunkt in rein militärische Festungen einerseits und in unmilitärische repräsentative Schlösser andererseits aufgeteilt. Allerdings sind viele Schlossbauten im 16. und 17. Jahrhundert nach wie vor wehrhaft was eine wissenschaftliche Unterscheidung von Burg und Schloss dementsprechend schwierig macht. Grundsätzlich kann man festhalten, dass Bauten bis zum 13. Jahrhundert von der Ringmauer aus verteidigt wurden, solche des 14. und 15. Jahrhunderts von einem vorgelagerten Zwinger aus und die des 16. und 17. Jahrhunderts von einem nochmals vorgelagerten Ring von Rondellen oder Bastionen.
Die Burg ist nicht nur von vielen Mythen umrankt, sondern wird auch oft als Metapher verwendet, besonders im religiösen Sinne. Als wehrhaft-schützendes Bauwerk wird sie mit Gott bzw. mit dem Himmelsreich verglichen. Wie Martin Luther sagte: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Eine der wirkungsstärksten Ausprägungen des „Mythos Burg“ findet sich in der Gralburg. Mitten in der klassischen Zeit des Burgenbaus schaffen Dichter wie Wolfram von Eschenbach einen literarischen Ursprung des Mythos Burg, indem sie eine durch den Gralmythos aufgeladene Idealburg als heiligen Ort präsentieren, an dem sich fortan alle Burgen zu messen hatten. Sehr beliebt sind die Minneburg und das Heldentum. In vielen dichterischen Überlieferungen wird der Kampf um die Erfüllung der Liebe geschildert. Helden haben die Burg zum Schauplatz ihres Lebens gemacht. Die Sagen um König Artus, die Nibelungen, Parzival, Lohengrin oder Karl den Großen sind mit ihren unzählbaren  Burgerwähnungen ein Spiegel der andauernden Faszination und zugleich symbolhaften Überhöhung dieses Bauwerks. Die romantische Vorstellung von Helden- und Liebesgeschichten ist heute auch in vielen Märchen und Fabeln zu finden.

Selbst wenn die Burg im Laufe der Jahrhunderte ihre ursprüngliche Funktion als Herrschaftssitz und militärisches Bollwerk verloren hat so bleibt der Mythos weiterhin lebendig. 

 

 

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